Straubinger Tagblatt, Papst in Kanada, das päpstliche Aber
– 682 doch wäre es ein Leichtes, dice nun einmal vorhandenen kichlichen Gegenſätze durch dice religiöſe Freiheit, wie ſie in Preußen zu deſſen Heil während der letzten zwanzig Jahre beſtanden hat, im deutſchen Reiche auszugleichen. Statt aber dieſen klugen Weg einzuſchlagen, ſtürzt ſich Bismarck, übermüthig und verblendet durch ſeine bisherigen Erfolge, in ein Abenteuer, das für ihn ganz zweifellos entweder mit einem wenig ehrenvollen Rückzuge oder mit einer Nie derlage enden wird – ſo gewiß, als in dieſem Kampfe nicht Roß noch Reiſige, nicht Zündnadeln noch gezogene Kanonen den Ausſchlag geben. Hätte der Reichskanzler ſich ein unbefangenes Urtheil bewahrt, ſo müßte er ſich überzeugt haben, daß alle bisherigen feindſeligen Maßregeln gegen dice Katholiken nur dazu gedient haben, jene aus ihrer Gleichgiltigkeit aufzurütteln, ſo daß ſie ſich feſter an einander ſchaaren, ihre Sache in neu gegründeten Blättern und in täglich wachſenden Vereinen vertreten, kurz ſich auch äußerlich eine Organiſation geben, die ihnen den Sieg ihres Rechtes zu ſichern geeignet ſcheint. Er hätte ferner wahrnehmen müſſen, daß ſeit Decennien die Betheiligung am kirchlichen Leben unter den Katholiken nicht mehr ſo lebhaft geweſen iſt, als ſeit dem Auftauchen des „Altkatho licismus" und ſeit dem Beginne der gehäſſigen Maßregeln, welche eine ganz unverſtändliche Politik gegen die Katholiken ergreifen zu müſſen glaubt. Und je heftiger der Kampf, welcher für die Katholiken den Charakter eines Kampfes für dice Religions- und Gewiſſensfreiheit an nimmt, geführt wird, um ſo zahlreicher werden jenen dice Streiter erſtehen. Wen nicht ſeine religiöſen Anſichten, den wird ſein Rechtsgefühl und dice Entrüſtung gegen Verfolgungen, welche eine Schmach für unſer Jahr hundert ſind, dazu drängen, für die Unterdrückten Partei zu ergreifen. - – (1809 und 1872) Am 17. Mai 1809 erließ Napoleon I. aus dem kaiſerlich-öſterreichiſchen Schloſſe Schönbrunn bei Wien das Decret: „Der Papſt chapeau auf gehört, ein weltlicher Herr zu ſein", und „Rom, heilig durch große Erinnerungen, wird eine kaiſerliche Stadt des Reiches ſein." Als Pius VII. mit der Ercommunication antwortete, ließ ihn Napoleon in der Nacht vom 4. auf den 5. Juli überfallen und als Gefangenen abführen. Es lag jedoch nicht in ſeinem Sinne, den päpſtlichen Stuhl zu zerbrechen und die Einheit der katholiſchen Kirche zu ver nichten, ſondern er verfolgte den Programme, die Kirchengewalt dem Staate, das heißt ſich, dienſtbar zu machen. Darum unterhandelte er fortwährend mit dem Papſte, erhielt aber jedes Mal von dem Gefangenen dice ruhige Antwort: Not possumus. Der damalige deutſche Liberalismus feierte den Schlag gegen den den Papſt als eine bewunderungs würdige That. Ein Hauptorgan waren die „Europäi ſchen Annalen", gegründet von dem Badener Poſſelt, herausgegeben von C o.tt a. in Tübingen. Sechs Jahre ſpäter reſidirte Pius 7. wieder als Souverän in Rom. Alle Monarchen Europa's ohne Ausnahme hatten die Wie derherſtellung des Kirchenſtaates als politiſche Nothwendig keit erkannt. Napoleon dagegen, der Mann des 17. Mai ſaß als Gefangener auf einem einſamen Felſen des Oceans und bekannte: „Der Streit mit dem Papſt hat mir mehr geſchadet, als der ruſſiſche Feldzug." Auch wir haben Großes erlebt, wie unſere Väter im Jahre 1809; wir haben einen andern Napoleon, Prinzen und Kronen im Staube geſehen. Der Papſt chapeau wieder aufgehört, ein weltlicher Herr zu ſein; die deutſchen Liberalen von heute preiſen wieder dieſes Ereigniß und ſonderbarer Weiſe iſt wieder dice Cotta'ſche Firma deren Hauptcolporteur. Dice weitere Vergleichung der neueſten Vorgänge mit den Vorgängen vom 17. Mai 1809 über laſſen wir dem Leſer. – Die Augsburger „Allg. Ztg." deutet die Frage an: „ob dice Eigenart der Heeresſeelſorge nicht die Einführung einer interconfeſſionellen Gottesdienſtordnung geſtatte?" Als Geiſtlicher könnte da wohl etwa ein Frei maurer fungiren; jedenfalls natürlich ein katholiſcher Prieſter nicht! – (Rom und München) Erwieſenermaßen zählt dice katholiſche Kirche über 200 Mill. Gläubige, welche in 133 Provinzen vertheilt ſind, mit über 1000 Würdenträgern. Die „Altkatholiken" nennen ſich auch katholiſch. Nun fragen wir, wie viel Patriarchen haben ſie? keinen, unſere Kirche 18; welche Cardinäle? keinen, die katholiſche Kirche 50; welchen Erzbiſchof? keinen, die katholiſche Kirche 160; welchen Biſchof? keinen, dice katholiſche 680; wie viel Prieſter? nicht 40, wir gegen 180,000; welche Heidenmiſſionen? keine, wir bei allen wilden Völkern. Haben ſie einen einzigen von den Orden, welche bis 1870 als katholiſch galten? Wahrlich, ihre Kirche iſt unſichtbar. Hervor mit ihren Liſten! Wenn die „Altkatholiken" ſich zählen ließen, erhielten ſie nicht xx.000 Unterſchriften, d. h. den zehntauſendſten Theil der katholiſchen Kirche. Nun aber muß eine Confeſſion, um den Namen katholiſch zu ver dienen, auch für alle Zeiten ſein; muß ein allgemeines Oberhaupt haben und eine gemeinſame Lehre. Wollten die Döllingeraner einen Katechismus aufſtellen, ſo würden ſie nicht einmal bei der erſten Frage einig ſein: Döllinger, was biſt du? Preußen. – Ein geſtern vom Juſtizausſchuß des Bundesraths geſtellter, von Friedberg, Neumayr, Held, Türkheim, Liebe und Krüger unterzeichneter Antrag zu dem Jeſuitengeſetz lautet: ane) Da der Orden vom deutſchen Reichsgebiete ausgeſchloſſen, iſt den Ordensangehörigen dice Ausübung jeder Ordensthätigkeit, beſonders in Kirche und Schule, ſowie Abhaltung von Miſſionen nicht zu geſtatten. 2) Die zur Vollziehung dieſes Geſetzes erforderlichen Anordnungen haben die Landesbehörden zu treffen. 3) Den Landesregierungen wird empfohlen, die nach dem Geſetz zuläſſige Anweiſung des Aufenthaltes in beſtimmten Bezirken und Orten in der Regel auf ſolche Fälle zu beſchränken, wo die Ordensangehörigen ſich außer Stande erklären, ſelbſt einen beſtimmten, ihnen nicht verſagten Aufenthaltsort zu wählen. – Das Jeſuiten-Geſetz iſt im Bundesrath gegen eine Minderheit von einer, ſage einer Stimme durchgegangen, und dieſe Stimme wurde von einer der kleinſten Regierungen des großen Reiches geführt, nämlich von derjenigen des Fürſtenthums Reuß älterer Linie. Alle übrigen Staaten haben ſich dabei von zwei Erwägungen leiteu laſſen: zunächſt von der, daß ſie dem Willen des Reichskanzlers keinen Widerſtand leiſten konnten, und dann wußten ſie auch, daß das betreffende Geſetz für ihre Länder meiſt keine praktiſche Bedeutung hat. – Die „Frankfurter Preſſe" bringt ein Pariſer Pri vattelegramm, wonach der Abſchluß der Unterhandlungen erfolgt iſt. Nach der Bezahlung einer Milliarde bleiben 25.000 Isle of man in den Feſtungsplätzen; Frankreich ver pflichtet ſich, keine Befeſtigungsarbeiten vorzunehmen. Italien. Rom, 26. Juni. Der Cardinalvikar hat an den Präfekten der Stadt Rom einen Brief gerichtet, P in welchem er denſelben ermahnt, Mittel zu finden, um dice Witzblätter abzuhalten, daß ſie die Symbole des Katholi cismus nicht länger dem Spott und der Verachtung des Publikums preisgeben. Der Cardinalvicar bemerkt in den höflichſten Ausdrücken: daß eine katholiſche Regierung, abge ſehen von aller Politik, dieſen Mangel an Achtung vor der Religion nicht dulden dürfe. Rom, 27. Juni. Die „Opinione" erklärt entgegen der Meldung deutſcher Blätter, wonach die Regierungen von Deutſchland, Oeſterreich und Italien Verabredungen bezüglich der Wahl des Nachfolgers Pius 9. getroffen hätten, daß dieſe Verabredungen nicht eriſtiren. Die „Opinione" fügt der betreffenden Mittheilung hinzu: „Uebrigens erfreut ſich der Papſt der beſten Geſundheit." Niederbayeriſcres. * Straubing, 30. Juni. Verleumdung eines Todten galt von jeher unter civiliſirten Völkern als eine Piſtolen iedr.d' Holl. 10 Dukaten 20 Francs Souvereigl
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